Einstieg in die Direktvermarktung: Glasflasche, Glas, Korken, Notizen, Bücher und ein Tablett auf einem Holztisch (Foto)

Neue Flyer drucken, Instagram-Posts einstellen, Einladung fürs Hoffest verschicken: Stress? Ja, ein bisschen, aber Sabine bleibt gelassen. Denn während viele Ihrer Kollegen seit dem Ende des Branntweinmonopols jeden Tag darum kämpfen, ihre Brände und Geiste zu verkaufen, läuft es bei der Kleinbrennerin ganz gut. Zugegeben, im realen Leben muss Sabine sich nicht wirklich anstrengen: Wir haben sie uns ausgedacht. Um eine Vielzahl an echten Erfahrungen, guten Beispielen sowie Tipps und Tricks rund um das Thema Direktvermarktung zu illustrieren, die wir im alltäglichen Kontakt mit Kleinbrennern, Craft-Distillerinnen und Spirituosen-Start-ups gesammelt haben.

Gut vorbedacht, ist dabei halb gemacht. Nehmen Sie sich genügend Zeit für die grundlegenden strategischen Überlegungen – bevor Sie mit der Direktvermarktung für Ihre Spirituosen starten. Wer blind losrennt, erhält am Ende zwar vielleicht trotzdem schön aussehende Werbeaktionen – nur meist ohne jeglichen Nutzen. Je genauer Sie zu Beginn überlegen, wen Sie wie, wann und wozu erreichen wollen, desto effizienter können Sie Ihre Zeit und Ihr Werbebudget einsetzen. Das Thema dieses ersten Teils ist daher: Wie bereite ich mich optimal auf meinen Einstieg in die Direktvermarktung vor?

 

1. Ziele definieren

Formulieren Sie Ihre Ziele konkret, messbar und vor allem realistisch. Dazu gehören Vorstellungen zur Unternehmensentwicklung wie der geplante Absatz an Flaschen, der Umsatz der nächsten Jahre, Ihre Vorstellungen zum Produkt, zur Arbeits- und Firmenkultur und so weiter.

Am Beispiel:

Für Sabine steht Handwerkskunst an oberster Stelle und sie will nahe an ihren Produkten bleiben. Sie entscheidet sich deshalb für den Aufbau einer stark regional verankerten Marke und setzt vor allem auf hochwertige Produkte zu einem hohen Abgabepreis. Ihre Ziele unter anderem: 50 Prozent mehr verkaufte Flaschen im ersten Jahr nach dem Neustart und eine 30 Prozent höhere Marge.

 

2. Umfeld betrachten

Nehmen Sie den Markt und Ihre Wettbewerber genau unter die Lupe, bevor Sie Ihre Produktdetails festlegen. Fragen Sie sich: Welche Spirituosen werden in Ihrer Region von wem gekauft? Welche Preise werden bezahlt? Wer sind Ihre Konkurrenten und was machen diese gut? Gibt es ein Produkt, das in Ihrer Region noch nicht oder nur wenig hergestellt wird?

Am Beispiel:

Obstbrand ist in Sabines Region traditionell weit verbreitet. Die Produkte, Herstellungsweise, Geschichte und das Flaschendesign von Sabine und ihren Wettbewerbern ähneln sich stark. Sabine kennt ihre Kunden: Sie sind oft älter und sehr an ihre bisherigen Preise gewöhnt. Junge Käufer, die für Lifestyle und Genuss gerne mehr ausgeben, spricht klassischer Obstler hingegen wenig an. Sabine will daher ihre Obstbrände für diese Käufer neu auflegen und über ein neues, zusätzliches Produkt auf ihre Brennerei aufmerksam machen.

 

3. Nische finden

Mit diesen Vorüberlegungen machen Sie sich auf die Suche nach Ihrer Nische: Überlegen Sie, welche Alleinstellungsmerkmale Ihre Produkte auszeichnen. Was macht Ihre Spirituosen besonders? Was machen Sie anders als andere? Warum schmecken Ihre Produkte so einzigartig? Die Antwort muss dabei nicht gleich die Erfindung einer neuen Spirituosen-Kategorie sein. Oft reichen kleine Details oder eine Kombination von Eigenschaften, die bisher kein Wettbewerber in dieser Art vereint.

Am Beispiel:

Sabine überlegt: Gin kommt nach wie vor gut in der Region an. Die Stichworte „regional“, „aus besten Zutaten“ und „handgemacht“ treffen jedoch auch auf die meisten ihrer Wettbewerber zu. Stattdessen sucht sie nach einem ungewöhnlichen Produkt mit einer glaubwürdigen Geschichte. Die Idee: Sie lässt ihre Obstbrennertradition einfließen – und einen neuen Gin in alten Fässern ihres gelagerten Apfelbrandes reifen.

 

4. Zielgruppe festlegen

Definieren Sie Ihre Zielgruppe so genau wie möglich. Und setzen Sie dabei nicht nur auf die üblichen Faktoren wie Geschlecht, Alter, Bildungsgrad, Kaufkraft etc. Vielmehr kommt es darauf an, gedanklich ein möglichst umfangreiches Bild von Ihrer Zielgruppe zu erstellen. Unser Tipp: Erschaffen Sie fiktive Personen, so wie Sabine, geben Sie ihnen Namen, Lebensläufe, Hobbys, Gewohnheiten und natürlich Vorlieben beim Thema Genuss und Spirituosen. Lassen Sie sich dabei ruhig von realen Personen inspirieren.

Am Beispiel:

Sabine will mit dem aus Ihrer Sicht verstaubten Obstler-Image aufräumen und definiert ihre Zielgruppe daher in gekürzter Version so: „Tim und Tina, ein Paar, er 32, sie 34. Beide berufstätig. Sie reisen gerne, sind weltoffen und treffen oft ihre vielen Freunde. Ein genussvoller Lebensstil ist ihnen wichtig, aber bitte so nachhaltig wie möglich.“ Mit diesem Bild im Kopf kann Sabine leicht entscheiden, ob Sie einen Fachhändler
ansprechen oder eine Anzeige in einer Zeitung buchen soll. Sie fragt sich dann: Kaufen Tim und Tina hier ein? Lesen sie dieses Medium?

 

5. Leitidee entwickeln

Zugegeben: Die richtige Strategie zu finden, ist meist nicht ganz leicht. Unser Tipp: Nehmen Sie sich Ruhe und Zeit, als „Sparringspartner“ eine außenstehende Person, der Sie vertrauen, und entwickeln Sie Ihre Leitidee an einem inspirierenden Ort – außerhalb des Alltagsgeschäfts. Überlegen Sie zunächst, für was Sie und Ihre Spirituosen stehen und formulieren Sie dann in einem Satz, was Sie so besonders macht. Mit etwas Glück ist die kreative Leitidee als Basis all Ihrer Marketing-Maßnahmen dann nur noch Formsache.

Am Beispiel:

Für das Kernstück ihres Neustarts nimmt sich Sabine einen Tag Auszeit und macht mit einer Freundin eine Wandertour. Sie will den Kopf frei bekommen und eine kreative Leitidee für ihre neuen Spirituosen entwickeln. Ihre Überlegung: Sie verbindet die langjährige Handwerkskunst ihrer Familie mit ihrer Neugier, weltoffenen Art und dem Wunsch nach einer neuen Interpretation von alten Obstbränden. Die kreative Leitidee: Sie inszeniert den Neustart ihrer Produkte als Generationenwechsel. Denn in diesem Begriff steckt viel drin: Ihre Obstbrände sind ab sofort die einer neuen Generation, ihr „Generation Gin“ ein Generationswechsel in Sachen Geschmack. Der gedankliche Neubeginn ihrer Brennerei die Übergabe eines wertvollen Familienerbes in die nächsten Hände.

 

Auf der Suche nach Ihrem „Sparringspartner“?

Sie haben die Vorüberlegungen zur Direktvermarktung abgeschlossen und wünschen sich das Feedback eines Experten? Sie sind auf der Suche nach kreativen Ansößen und Inspiration? Oder Sie möchten die Vorüberlegungen gänzlich abgeben und erst wieder einsteigen, wenn es an die Umsetzung geht? In jedem Fall: Sprechen Sie uns an!

Noch nicht sicher, was Sie brauchen? Dann werfen Sie einen Blick auf unsere Angebote für Kleinbrenner. Wir freuen uns von Ihnen zu hören!

 

Dies ist ein Ausschnitt aus dem Artikel „So starten Sie in die Direktvermarktung“, erschienen in der Kleinbrennerei (Ausgabe 01/2019).